Dass ich das mal wieder so schreiben kann, erstaunt mich selbst ein wenig. Aber im WWE internen Vergleich sehe ich vom Unterhaltungswert die blaue Show vor der roten Show.
Natürlich ist das jetzt eine sehr pauschale Bewertung und beim genauen Hinsehen entpuppt sich die Angelegenheit als etwas komplexer, aber zumindest was den Main Event betrifft, macht SmackDown einen besseren Job als Monday Night RAW.
Weshalb mich RAW abtörnt
Das ist kein Drew McIntyre Diss, der gute Mann gibt sicher sein Bestes – aber nach Randy Orton befindet er sich fehdentechnisch auf der Straße ins Nirgendwo. Dass man jetzt Goldberg ausgraben musste, um für McIntyre einen glaubwürdigen Gegner zu präsentieren, spricht nicht für solides Booking. Und damit meine ich langfristiges Booking, das auf den Aufbau neuer Stars zielt. Nach den eher enttäuschenden Goldberg Engagements der jüngeren Vergangenheit (ich erinnere mich da an ein gruseliges Match gegen den Undertaker in Saudi Arabien) hätte dieses Kapitel auch gut und gerne abgeschlossen werden können, aber blicken wir der Realität ins Auge: Bei WWE Monday Night RAW gibt es derzeit offensichtlich keinen Gegner von Main Event Format. Goldbergs Reputation ist im Vergleich zu den derzeit aktiven Wrestlern scheinbar immer noch intakt, sein Legendenstatus unbestritten. Weitere Wrestler dieser Kategorie stehen Vince McMahon nicht zur Verfügung. Den Undertaker kann er dafür nicht zurückbringen, das Publikum würde sogar den Babyface-Champion McIntyre aus dem Thunderdome buhen. John Cena dreht jetzt lieber Filme in Hollywood und müsste dafür zudem einen Heelturn hinlegen. Keith Lee ist zu spät in die Spur geschickt worden. Bei Sheamus hat man den richtigen Zeitpunkt für den Fehdenaufbau verpasst. Randy Orton (zu dem wir gleich noch kommen) spielt jetzt lieber mit Alexa Bliss.
Diese Probleme sind hausgemacht, aber WWE ist nicht an ihrer Lösung interessiert. Das vorhandene Talent wird verheizt, das Potential nicht genutzt. Mit Absicht, wie es scheint. Aus diesem Grund rangiert RAW derzeit bei mir hinter SmackDown.
Ach ja, Randy Orton …
Es soll nicht wenige Leute geben, die dieses ganze Orton-Wyatt-Bliss Geraffel unterhaltsam finden. Hey, gegen gute Unterhaltung habe ich nichts, aber dieses Programm ist unterirdisch und eine Beleidigung für den Wrestling-Fan. Ich dachte, nach der Storyline um Rey Mysterios ausgerissenem Auge (das nun auf wundersame Weise wieder an seinem Platz sitzt) geht es nicht peinlicher und unglaubwürdiger. Ich habe nicht mit der „Phantasie“ und Unfähigkeit der Kreativabteilung gerechnet. Ich hätte es besser wissen müssen. Das ist ein Hollywood B-Movie. Und zwar eins der schlechteren. Kontrahenten verbrennen sich, entwickeln übernatürliche Kräfte und Fähigkeiten und irren dabei planlos durch die Show. Randy Orton schämt sich hoffentlich ein ganz klein wenig, wenn er den Gehaltscheck einlöst. Man kann es im schlecht ansehen, denn das Makeup seiner Verbrennungen im Gesicht ist zu dick aufgetragen.
Was ich wirklich mag, ist alles was im Zusammenhang mit dem Hurt Business passiert. Mit Ausnahme von „Riddle“. Latschenmann kann im Ring alles und es sieht auch einfach nur echt und schmerzhaft für den Gegner aus. Außerhalb des Rings nervt sein peinliches Gimmick mehr als ein Arschpickel.
Wo es bei SmackDown besser läuft
SmackDown konzentriert sich voll und ganz auf den Main Event. Anders als bei RAW muss man hier nicht lange überlegen, was der Main Event ist. Natürlich das Geschehen rund um WWE Heavyweight Champion Roman Reigns und Kevin Owens. Nein, ich bin nicht mit allem einverstanden, was da passiert. Jey Uso verdient einfach eine saftige Ohrfeige und defacto General Manager Adam Pearce wird viel zu schwach dargestellt. Der Mann ist offenbar so froh, eine größere onscreen Rolle zu spielen, dass er zu allem Ja und Amen sagt. Kevin Owens ist als Herausforderer nicht unbedingt die Bestbesetzung, aber okay – Big E muss erst noch reifen.
Aber insgesamt macht Paul Heyman (der sich hier wohl austoben darf) eben mehr richtig als die Kollegen der roten Show. Dass Roman Reigns abgesehen von der Promo alle Tools mitbringt, um in diesem Business ein Megastar zu sein, hat jeder sehen können, der auch nur eine Hauch von Wrestlingerfahrung hat. Nur war er eben als Babyface stinklangweilig. Seine gescripteten Texte passten nicht zu ihm, weshalb auch die Promos schlecht waren. Jetzt braucht er im Gegensatz zu Brock Lesnar nicht einmal mehr Paul Heyman als Lautsprecher. Das was er sagt, was er im Ring tut (oder auch nicht) und wie er alles rüberbringt lässt sogar Kevin Owens scheinen.
Bei RAW gibt es keinen Grund anzunehmen, dass Goldberg als Sieger aus dem Match gegen McIntyre herausgehen wird. Die menschliche Abrißbirne ist paar in den 50 und ein längerer Titellauf ist unwahrscheinlich. Es ergibt auch keinen Sinn, aus McIntyre einen on-off Champion zu machen.
Bei SmackDown ist es zumindest nicht ganz unvorstellbar, dass Owens beim Royal Rumble neuer Universal Champion wird. Da es mit Reigns aber gerade so gut läuft und sein jetziger Run als Posterboy erst vor Kurzem begonnen hat, gehen wir mal nicht von einer großen Überraschung aus. Aber immerhin wäre diese denkbar. Denkbarer als bei RAW.
Lässt sich daran ablesen, dass Vince McMahon bei RAW seine Finger immer noch weitaus mehr im Booking hat als bei SmackDown, wo Paul Heyman angeblich für die Roman Reigns Storyline verantwortlich sein soll? Der Unterschied ist doch zu auffällig, als das alles aus der Hand einer Person stammt. Sollte Vince das als ein Zeichen ansehen, dass es best for business wäre, wenn er sich aufs Altenteil zurückzieht? Dann müssten aber solche Figuren wie Bruce Prichard gleich mitgehen. Die ganzen Yes-Men und Möchtegern-Hollywood-Drehbuchschreiber. Diesen Stall auszumisten ist die eigentliche Herkulesaufgabe.
Wer kommt dann? Stephanie und Triple H? Oder doch eher Shane (unwahrscheinlich)? Und wie steht der Nachfolger zur Neuausrichtung des Produktes?