Wrestling-Fans alter Schule haben es gerade wirklich nicht leicht. Eine Legende nach der anderen tritt ab. Für immer.
Erst kürzlich mussten wir den Verlust von Mr. Wonderful Paul Orndorff (u.a. wie Jody „The Assassin“ Hamilton, aber ich habe nicht die Ressourcen, jedem einen Nachruf zu widmen) verkraften und nun trifft es mehr als unerwartet „Beautiful“ Bobby Eaton.
Rückbetrachtungen über Bobby Eatons Karriere und sein Leben wird es von berufenen Leuten zuhauf geben. Ich konzentriere mich nur auf einige wenige Aspekte.
Ansonsten prangere ich dieses Etikett ja immer an, aber für Bobby mache ich eine Ausnahme. Wenn man im Lexikon unter unterbewertetste Wrestler aller Zeiten nachschlägt, dürfte dort Bobby Eaton zu finden sein. Seine Großartigkeit wurde und wird ihm zwar von allen Kollegen in und außerhalb des Ringes bestätigt, aber den Ruhm eines Ric Flair oder Steve Austin erreichte er nie. Das liegt wahrscheinlich daran, dass er für das Business zu nett war. Schlicht und einfach zu nett. Am fehlenden Ehrgeiz oder der Liebe zum Wrestling hat es auch nicht gelegen. Aber mit dieser ruhigen fast schüchternen Art stößt du nicht in den absoluten Main Event vor. Das ist ein Haifischbecken und Du musst notgedrungen auch über die „Leichen“ deiner Freunde steigen. Sein ehemaliger Manager Jim Cornette hat es sinngemäß so ausgedrückt: Bobby hat sich nie aufgedrängt, gebooked zu werden. Stand er auf der Card, war das okay für ihn. Er wollte einfach nur rausgehen und das tun, was Wrestler eben so tun.
An den technischen Fähigkeiten kann es auch nicht gelegen haben. Kein flying Kneedrop, kein Alabama Jam war schöner und geschmeidiger als seiner. Nirgendwo war ein Gegner in besseren Händen als in Bobby Eatons. Im Ring stehen, heißt auch immer, die eigene Gesundheit und letztlich das eigene Leben in die Verantwortung eines Anderen zu legen. Manchmal hat man Glück, sehr oft aber auch Pech. Eaton war dahingehend eine sichere Bank. Das Fort Knox des Wrestling. Nicht nur hat er alles dafür getan, dass sein Kontrahent den Ring wieder gesund verlässt, er hat ihn egal in welcher Rolle immer etwas besser aussehen lassen. Was er im Ring dargeboten hat, war nicht nur bloßes Handwerk. Er hat das Wrestling zur Kunstform erhoben, ohne dass es künstlich und unglaubwürdig wirkte. Bemerkenswert daran ist, dass das auch alles ohne Training, ohne Ausbildung in einer Wrestlingschule erfolgte. Dass er noch bei Promoter Nick Gulas unter die Fittiche von Tojo Yamamoto genommen wurde, hatte nur den Zweck, ihm die nötige Wrestling-Psychologie beizubringen. Warum macht man wann was? Wie schafft man es, jeder Aktion einen Sinn zu geben, ohne dass es wie ein abgespultes Programm aussieht? Zu dem Zeitpunkt waren sein technisches Können bereits ausgeprägt.
Er war die Konstante in einem legendären Midnight Express. Wo er und Dennis Condrey (später Stan Lane) hinkamen, gegen wen sie auch fehdeten: die Hütte war voll, die Kasse klingelte. Von Midsouth über Jim Crockett Promotions bis nach Texas und Fritz von Erich. Fragt Ricky Morton und den Rock’n Roll Express. Fragt Michael Hays von den Freebirds, die Road Warriors oder auch die Mulkey Brothers :o)
Fragt bei den Wrestling Fans der 1980er Jahre nach. Es sprach sich schnell herum, dass es ein Platin-veredelter Abend wurde, wenn der Midnight Express auf der Card stand. Das Programm gegen den Rock’n Roll Express wurde zur Blaupause für fast jede Tag Team Fehde danach. Als der Midnight Express Geschichte war, versuchte er sich auch als Single Wrestler. Allerdings mit vergleichsweise mäßigem Erfolg, aus weiter oben erwähnten Gründen.
Als Teil des Midnight Express musste er nicht reden, das übernahm Manager und Mouthpiece Jim Cornette. Auf sich allein gestellt, ohne großartige Promo, ist das Überleben in diesem Zirkus eher Glückssache. Dass er nach Ende von WCW durch die Indies tingelte, war dann auch nur konsequent.
Es gibt und gab Wrestler, die werden von ihren Kollegen respektiert oder aufgrund ihres Erfolges anerkannt. Aber gleichzeitig auch gehasst. Buddy Rogers war so ein Fall. Manche werden sogar „geliebt“, aber nie gleichzeitig von allen Menschen.
Bobby Eaton war auch hier eine Ausnahme. Neben seiner exzellenten Arbeit im Ring wird immer wieder betont, dass nie jemand (den man ernstnehmen kann) je Anlass für ein böses Wort gegenüber „Beautiful“ Bobby gehabt hätte. Nun werden in diesem Geschäft ja gerne solche urbanen Mythen verbreitet, aber in all den Jahren, in denen ich das Internet durchforste, konnte ich tatsächlich keinen Beleg dafür finden, dass Mister Eaton nicht einer der nettesten und umgänglichsten Menschen im Pro Wrestling war. Und das will in diesem Geschäft schon etwas heißen. Dafür findet man viele Aussagen darüber, was für ein angenehmer Charakter immer wieder zum Vorschein kam. Ob es nun das Verteilen von Seife, Handtüchern oder Getränken im Lockerroom betraf oder die „Shoppingtouren“ mit Obdachlosen im Supermarkt oder eine verschenkte Essensportion aus dem Schnellrestaurant an Bedürftige – man liest immer wieder solche Stories. Den Beinamen „Beautiful“ erhielt er dann auch nicht für seinen Look (körperlich war er weit entfernt von den Muskelmännern der Hulk Hogan Ära), sondern für das wunderschöne Wrestling und seinen Charakter abseits des Rings.
Es ist sehr schade, dass er nicht zum Wrestling Trainer oder Road Agent geschaffen war und die Jugend von seinem Können profitieren konnte. Am meisten hat man von Bobby Eaton durch Zuschauen und Abschauen bzw. die Arbeit im Ring gelernt. Wahres Talent und Gespür kann man eben nur bedingt lehren oder lernen. Entweder hat man „es“ oder nicht, würde Bret Hart jetzt sagen. Und Bobby Eaton hatte „es“ definitiv. Es gibt keine Liste der besten Tag Teams im Wrestling, die den Midnight Express nicht unter den Top 10 führt. Und wenn doch, taugt diese Liste nichts.
Lasst euch nicht von den farbenfrohen Strumpfhosen oder dem Vokuhila auf die falsche Fährte locken. Wenn ihr Bumps einstecken müsst und das Können eures Gegners aber garantiert, dass ihr dabei nicht verletzt werdet – dann akzeptiert ihr sogar einen grell geschminkten Clown.
Was auch immer die genaue Todesursache war – sein schwaches Herz machte ihm wohl schon länger zu schaffen – Bobby Eaton folgt jetzt seiner vor kurzem an Brustkrebs verstorbenen Frau Donna (die Tochter von Bill Dundee) und die Welt ist auf einen Schlag um ein Megaquantum Wrestling ärmer. Ein feiner Geist hat uns heute verlassen und niemand wird so schnell so eine Lücke füllen können.
UPDATE
In der Zwischenzeit sind weitere Details bekanntgeworden, auch diese „Sonderausgabe“ des Driv Thru Podcastes von The Great Brian Last und Jim Cornette erhellt die Abläufe etwas.
Eaton wurde leblos zuhause von seiner Tochter Taryn (die nach seiner ersten Krankenhauseinweisung wegen eines Sturzes und der anlaufenden Reha temporär zu ihm zog) aufgefunden. Sie und auch seine ältere Schwester Debbie bestätigten zudem, dass diese Spendenseite echt ist. Mit den dort eingesammelten Geldern sollen die Ausgaben für seine Bestattung beglichen werden. Was darüber hinaus übrig bleibt, kommt seinen Kindern und Enkelkindern zugute.