Wer aktuell das Wrestlinggeschehen bei AEW verfolgt, der weiß, wovon hier die Rede ist. Am 24.11.2021 kam es in Chicago zum Aufeinandertreffen der zwei besten Promos bei All Elite Wrestling: CM Punk und MJF.
Ich möchte jetzt nicht sagen, dass dies eine der besten Promos aller Zeiten war oder später einmal dazu ernannt werden wird. Nein, das sicher nicht.Sowohl MJF als auch CM Punk haben Reden gehalten, die bemerkenswerter und wichtiger waren. Aber wie es von beiden Wrestlern zu erwarten war, ist es ein anregender und unterhaltsamer Konflikt geworden. Sehr wahrscheinlich sind hier auch Grundlagen für eine langfristige Fehde gelegt worden. Aber der Reihe nach.
Dem voraus ging nämlich ein Segment, in dem sich CM Punk bei Maxwell Jacob Friedman vorstellte. Und zwar ohne etwas zu sagen. Seitdem spukt der Großmeister aus Chicago in MJFs Kopf herum. Auch wenn MJF das verneinen würde, es ist so. Man konnte es in jedem seiner Sätze durchhören. Dieses vorherige Aufeinandertreffen ohne große Worte und Taten war auch deshalb wichtig, weil man einen Aufhänger brauchte. Einen Aufhänger, der die Meinungsverschiedenheit dieser zwei auffälligen Athleten erklärte. Punk und MJF haben ja keine gemeinsame Vergangenheit, woran man anknüpfen könnte. Wie Punk zurecht erwähnte, hat er Madison Square Garden ausverkauft, als MJF in der Rosie o’Donnell Show der Gastgeberin ein Ständchen geträllert hat – als kleiner Hosenscheisser. Also wie üblich: der Kampf zwischen Jung und Alt. Die Jugend drängt nach vorn und die alte Garde möchte aber noch nicht in die zweite Reihe zurücktreten.
Ich will jetzt hier auch gar nicht die ganze Promo Wort für Wort nacherzählen. Schaut und hört sie euch einfach an. Allerdings möchte ich dann doch erwähnen, dass ich sie für etwas zu lang erachte. Dazu kommen die Referenzen an den direkten Konkurrenten WWE, die meines Erachtens ein wenig zu oft bemüht wurden. Dass sie überhaupt verwendet wurden, ist nicht verwunderlich. CM Punks Karriere-Höhepunkte sind mit dieser Promotion verbunden und jeder Wrestling-Fan kennt die Stories und versteht die Anspielungen. Aber es ist eben auch nur ein Blick zurück und weist nicht in die Zukunft. Vom Aufbau der Promo und ihrer Darbietung bis zum Finish war alles klassisches Pro-Wrestling. Da gibt es nichts zu meckern, wie ich finde. Sie war sogar so gut aufgebaut, dass ich nicht glauben kann, dass Tony Khan seine Hände im Spiel hatte. Sie ergab nämlich Sinn. Alles war glaubhaft und hervorragend choreographiert, ohne dass es zu offensichtlich war. Zumindest in der Hinsicht war CM Punks Verpflichtung das Klügste seit Jahren, was Tony Khan zustande gebracht hat. Ja, er sagt es selbst: die Zweifel und Gedanken waren da. Habe ich es nach 7 Jahren noch drauf? Wie wird mich das Publikum empfangen? Kann ich noch mithalten?
Solche Einblicke in die „reale“ Gedankenwelt eines Wrestlers stellen Glaubwürdigkeit her und man gibt dem Publikum nicht das Gefühl, hier wird ein Konflikt von Bookern künstlich herbeigeschrieben (obwohl es genau das ist). So wie das gemacht war, war das ganz großes Kino – auch wenn ich diesen „Shoots“ in Promos nicht viel abgewinnen kann.
Wo es mich echt weggeschmissen hat:
- Anspielung auf die kurze UFC Karriere von Punk
- Punk, der nun die AEW Version von John Cena ist
- Punks Vergleich von MJF als eine weniger berühmte Version von The Miz
- MJF, dessen Rolle von Brit Baker übernommen wurde
- MJF, der als Kleinkind bei Rosie o’Donnell auftrat
- Punk, wie er MJF verspricht, ihn wieder in die New York Times zu bringen – in den Todesanzeigen
- MJFs einzige Möglichkeit, bei AEW zur Nummer 1 zu werden: sobald Tony Khan eine Tochter bekommt, die MJF dann heiraten kann.
Kurz bevor die Konfrontation der Beiden in einer physischen Auseinandersetzung kulminierte, rollte sich MJF aus dem Ring und würgte Punk damit kalt ab. Ein klassischer Heel-Move, den man bei AEW nicht zu sehen erwartete. Jetzt sind wir nämlich gespannt, wie es zwischen den Beiden weitergeht und AEW täte gut daran, diese einmalige Gelegenheit nicht durch Hotshotting zu sabotieren.