CM Punk and AEW – das ist nun auch wieder Geschichte

Ich habe jetzt lange gewartet, um mich mal über den aktuellen Status des Wrestling auszulassen. Das hatte persönliche Gründe (auf die ich nicht weiter eingehen werde), aber auch wollte ich in diesen chaotischen Zeiten nicht der sein, der jedesmal einer neuen Entwicklung im Pro Wrestling hinterherläuft. Es gab Zeiten, da hätte man an einem Tag mehrere Artikel zu einem Thema schreiben oder einen Livestream unterhalten können.

Vince McMahons unfreiwilliger Abgang bei WWE hat den Stein ins Rollen gebracht. So sehe ich das jedenfalls. Danach war nichts mehr so, wie es war und als sicher geglaubte Gewissheiten wurden über Nacht beseitigt.

Bei AEW dachte man wohl, von da an ist alles ein Selbstläufer. Dass der Rivale aus Connecticut von allein strauchtelt und das Imperium ohne seinen Leader implodiert. Rund um Tony Khan wurde man einfach übermütig und handelte sorglos. Mit der Führungsstruktur und den -qualitäten ist es bei All Elite Wrestling ohnehin nicht weit her. Diese Anti-CM-Punk-Kampagne mit unrühmlichem Ausgang kam genau richtig, um die Leute wieder auf den Boden der Tatsachen zurückzuholen.

Nein, ich war beim berühmt-berüchtigten Vorfall in der Umkleidekabine, in der es zum Austausch physischer Nettigkeiten kam, nicht dabei. Aber ich glaube den beteiligten „Vizepräsidenten“ nicht. Ich glaube denen einfach nicht. Das sind Blutsauger, die die Gutmütigkeit (oder Dämlichkeit) von Tony Khan schamlos ausnützen und die AEW Titanic zielsicher in Richtung Eisberg steuern. Wie kann man den einzigen Top-Star seit Gründung der Promotion so sabotieren? Sicher, Punks Verhalten war zuletzt auch nicht das eines „corporate man“, aber dem ist am Ende einfach nur die Hutschnur geplatzt. Das geschäftsschädigende Verhalten sehe ich mit großer Mehrheit bei den Young Bucks, Kenny Omega und Hangman Page. Entschuldigung für meine offenen und nicht sehr netten Worte, aber Letztgenannter scheint wirklich nur ein Trottel zu sein. Wie kann man einem allenfalls mittelmäßig begabten Wrestler ohne Charisma mit einer Parodie von Gimmick den wichtigsten Titel der Firma anvertrauen? Wie kann man nur? Ein Typ, der seine mit Abstand wichtigste Fehde und die bedeutendste Großveranstaltung seit langem aufs Spiel setzt? Versucht sich in einem Live-Segment an einem Shoot, fällt aus der Rolle, weicht vom Skript ab und ruiniert um ein Haar den gesamten Angle. Und aus welchem Anlass? Weil sein guter Kumpel Colt Cabana aufs Abstellgleis geschoben wurde und er das seinem aktuellen Gegner anlastet. Was aber wiederum selbst Tony Khan umgehend dementiert hat. Ich möchte hier noch einmal drauf hinweisen, dass wir hier von Scott Colton alias Colt Cabana reden. Einem Athleten aus der upper undercard, der nirgends Bäume ausgerissen hat.

Das erste (öffentliche) Anzeichen, dass Backstage bei AEW einiges im Argen ist.

Und dann dieses Brüder-Duo, dass sich für das beste Tag Team auf Gottes grüner Erde hält. Es gibt einen Grund, weshalb es in den Top-Vereinen im Fußball das Konzept des Spieler-Trainers nicht mehr gibt. Aus demselben Grund sollte es in professionellen Wrestling-Ligen keine (Vize)Präsidenten geben, die sowohl hinter als auch vor der Kamera Verantwortung tragen. Das ist nicht mehr die kleine Indie-Outlaw-Backyard Promotion, in der die Geschäftsführer erst am Ticketschalter sitzen und ein paar Minuten später im Ring stehen. AEW ist einfach zu groß geworden, als dass man es wie einen Kaufmannsladen betreiben kann. Es müssten richtige Profis ran. Die Schuhe sind allen EVPs zu groß geworden, aber niemand hat den Mumm sich das einzugestehen.
Und da Tony Khan das nicht sieht oder einsieht wird AEW die Nummer 2 hinter World Wrestling Entertainment bleiben. Nach der „externen Untersuchung“ setzt er ja nun ein Zeichen und hebt die Suspendierung dieser Fehlbesetzungen auf und trennt sich damit faktisch von CM Punk. Denn das war von vornherein klar: Eine Koexistenz der beteiligten Personen wird es nach diesem Vorfall nicht geben können. Das ist aber ein grundlegender Fehler im System, den TK nie beseitigt hat.

Konsequenz dieser Geschichte wird sein, dass AEW nur die Art von Wrestler bekommen wird, die sich mit den Machenschaften von Omega + little Bucks arrangieren und einfach nur einen üppigen Gehaltscheck kassieren wollen. Deshalb kann sich diese Company auch noch so viele ehemalige WWE „Stars“ kaufen – solange die so eingesetzt werden wie zum Beispiel Keith Lee, braucht man sich im WWE Hauptquartier keine Sorgen zu machen. Und was habe ich diesen Mann bei seinem AEW Debüt gelobt (ja, und eben aus solchen schmerzhaften Erfahrungen lernt man und dünnt daraufhin die Taktrate seiner Veröffentlichungen aus)!

Triple H, der mittlerweile neue mächtige Mann beim Hauptkonkurrenten World Wrestling Entertainment ist, schaut sich die Situation bei Tony Khans Gurkentruppe genau an. Er wird seine Schlüsse ziehen und entsprechend handeln. Ob er sogar CM Punk zurück zu WWE holt? Nach Cody Rhodes würde ich alles für möglich halten. Hunter Hearst Helmsley aka Paul Levesque knows, whats good for business. Es muss ja nicht gleich CM Punk sein. Mit Mark Henry weiß man bei All Elite Wrestling auch nicht viel anzufangen, ebenso mit the Big Show. Gib denen neue Legendenverträge, setze sie keinen Demütigungen mehr aus, dann sind die WWE Urgesteine wieder da, wo sie hingehören. Die zwei genannten Herren machen jetzt zwar nicht den Unterschied, aber ein schleichender Rückkauf verlorengegangener Assets würde Khan sicherlich nervös machen und weitere Fehler seinerseits provozieren. Wenn Triple H dann einfach mal ein gutes Angebot an MJF und Wardlow abgibt, bin ich gespannt, wie Tony Khan darauf reagieren wird. Auch wenn diese Familie irrsinnig reich ist – irrsinnig ist nicht gleich unendlich. Vati Khan (Entschuldigung, dieses Wortspiel wollte ich schon immer mal unterbringen) sieht nicht ewig zu, wie der Sohnemann seine hart erarbeiteten Geldscheine förmlich in den Ofen schmeißt. Wir wissen, dass TK bei AEW keinen Phantasieprofit einfahren muss. Wir wissen, dass das nur ein Hobby seinerseits ist, ein Ausleben von Kindheitsträumen. Aber irgendwann wird auch aus einem Hobby bitterer Ernst.

Die ganze CM Punk Geschichte macht mich echt sauer. Ihr merkt das sicher. Einerseits, weil die beteiligten Entscheidungsträger die Sache so plump verbockt haben und andererseits, weil Punk selbst seinen Teil dazu beigetragen hat. Diese Pressekonferenz – oder Media Scrum, wie das nun offensichtlich heißt – damit hat er sich keinen Gefallen getan. So sehr ich auch verstehen kann, dass er die Schnauze voll hat und sein Ego ihm ein schlechter Ratgeber war, aber diese dreckige Wäsche wäscht man nicht vor laufender Kamera. Auch bringt man seinen Boss nicht in so eine Lage. Schaut einfach auf TK’s Reaktionen im Video. Fast tut er mir leid, aber eben nur fast. Entweder bist du jedermanns Freund oder einfach mal deren Boss.
Bill Watts oder Dick the Bruiser hätten dich jedenfalls sowas von rund gemacht, hättest du dir so einen Scheiß erlaubt.

Eine Pressekonferenz wie eine Pipebomb – CM Punk highjacking AEWs media scrum

Mir kann keiner erzählen, dass er sich vor dem Engagement bei AEW nicht schlau gemacht hat. Nicht Erkundigungen über die dortigen Arbeitsbedingungen eingeholt hat. Will er uns weismachen, dass er nicht gewusst hat, auf was für ein intrigantes Netzwerk von Karrieristen er sich dort eingelassen hat? Klar, jeder will nach oben kommen oder oben bleiben. Aber das kann man entweder wie Hulk Hogan betreiben oder aber wie John Cena. Bei einem von Beiden fiel halt immer noch genügend Sonnenlicht auf den Waldboden, damit weitere Jungbäume nachwachsen konnten. Bei All Elite Wrestling sehe ich eben nicht, dass strategische Entscheidungen nach Objektivität getroffen werden. Dafür muss ich nicht mal Erkundigungen einholen. Ein Mega-Talent wie Bryan Danielson, der als Heel Wrestler einen Riesenlauf hatte, wird nun gezielt ausgebremst, indem man ihm diese Bremse Moxley ans Bein bindet. MJF – ein Heel mit Ausrufezeichen und das größte Talent seit Jahren (seit Jahren!) wird zu einem Babyface geschrumpft? Wer hat sich das ausgedacht? Chris Jericho?

Wenn ich nicht wüsste, dass es ihnen bei WWE noch schlechter ergeht, würde ich FTR zu einem Wechsel raten.

Alles Fälle, wo ich denke, dass Management seine Finger im Spiel hatte, um sich unliebsame Konkurrenz vom Hals zu halten. Oder zumindest Wrestler, die dem Publikum aufzeigen: hey, es muss nicht Mittelmaß sein. Ihr habt Besseres verdient. Seht her.

Schreibe einen Kommentar