Seit Tagen ist es DAS Thema in der Wrestlingwelt: ein möglicher Wechsel von CM Punk und Bryan Danielson (a.k.a. Daniel Bryan) zu All Elite Wrestling.
Wie es die Spatzen von den Dächern pfeifen, sollen die Verträge bereits unterzeichnet worden sein. Angeblich ginge es nur noch darum, wie und wann die zwei Wrestling-Legenden bei AEW ihren Einstand geben.
Ehrlich gesagt, konnte ich mir dieses Ereignis bis vor kurzem nicht vorstellen. Kein bisschen. Bei Daniel Bryan (ich bleibe bei de, aus WWE bekannten Namen) habe ich es vor einiger Zeit auch ausgeführt, was für oder mehr gegen einen Wechsel zu AEW spricht. Mein Hauptargument gegen einen Wechsel war immer, dass sich damit alle Türen für eine mögliche Rückkehr in den Schoß von WWE schließen werden – solange Vince McMahon in der Promotion etwas zu sagen hat. Nun ist Vince nicht mehr der Jüngste und ob WWE überhaupt ein Familienunternehmen bleibt, ist auch nicht einhundertprozentig gesichert. Dafür wurden in letzter Zeit zu viele Kündigungen ausgesprochen. Das kann auf einen Verkauf deuten, muss es aber nicht.
Im Fall von CM Punk sprach nicht nur sein Groll gegen WWE und Vince McMahon bzw. Triple H im Speziellen dagegen, sondern vor allem seine allgemein geäußerte Unlust auf Wrestling überhaupt. 2014 hieß es noch, er wäre für alle Zeiten fertig mit dem Wrestlingbusiness. Schon damals sagten viele Experten, dass er mit solchen pauschalen Aussagen vorsichtig sein sollte. Eine Nacht drüber geschlafen und dann sieht die Sache wieder ganz anders aus. Bei Phil Brooks (so Punks richtiger Name) kommt noch hinzu, dass seine zweite Karriere im MMA grandios gescheitert ist. Das soll nicht heißen, dass er eine Lusche wäre oder kein Talent hätte, aber Pro Wrestling ist eben doch etwas anderes als Kampfsport. Du hast nur eine Chance zu überzeugen und bei ihm müssen wir leider feststellen: das ging in den Schlüpfer.
Die Comicszene sowie völlig andere Sportarten wie Eishockey sind dann eigentlich auch keine Betätigungsfelder für einen Ausnahmewrestler wie CM Punk. Selbst bei Chris Jericho ist die Band Fozzy nur eine Art musikalische Erweiterung seiner Wrestling-Persönlichkeit. Am Ende wird man ihn als Wrestler in Erinnerung behalten. Genauso ist es bei Punk.
Daniel Bryan ist erst vor Kurzem aus WWE ausgeschieden und stand bis dahin aktiv im Ring. Für ihn wäre das ein beinahe nahtloser Übergang.
CM Punk hat seit 7 Jahren nicht mehr gewrestlet und ist mit 43 Jahren auch nicht mehr der Jüngste. Auch wenn er zwischendrin brav seine Übungen macht oder ins Gym geht, den Ringrost wird er damit nicht los. Er wird auch nicht mehr den Stil pflegen, der ihn in ROH und WWE bekannt gemacht hat.
Das Problem ist nicht, dass Punk und/oder Daniel Bryan zu AEW gehen. Das Problem ist, wie positioniert man beide Urgesteine und gegen wen?
Natürlich könnte man sagen, ein Match zwischen den Beiden bei einem AEW PPV und denen fliegt das Dach von der Halle/Stadium. Aber das käme förmlich aus dem Nichts und stellte die Verantwortlichen vor weitere Probleme. Wie sollte man beide Athleten danach in das AEW Ökosystem einbinden?
Ich kann mir durchaus vorstellen, dass sowohl Punk als auch Bryan im AEW Kader Gegner finden, mit denen sie gute Matches haben werden. Die Auswahl ist nicht groß, aber entsprechendes Talent ist vorhanden. Das Problem ist das völlige Fehlen von Booking-Qualitäten, Storylines und dem Willen, glaubwürdiges Wrestling in die Hallen oder Fernsehgeräte zu bringen. Vor meinem geistigen Auge sehe schon Daniel Bryan vor mir, wie seine Reputation in einem Angle wie dem Exploding Barbwire Death Match das Klo heruntergespült wird.
Sowohl Daniel Bryan als auch CM Punk waren keine nobodies bei WWE sondern u.a. World Heavyweight Champions. Und das Erstaunliche ist, dass sie Stars wider Willen wurden. Also gegen den Willen Ihres Arbeitgebers WWE wohlgemerkt. Triple H sah in Daniel Bryan nie mehr als einen B+ Player und bei CM Punk war es noch schlimmer. Ihr Erfolg kam aus der Fanzone heraus und war den WWE Oberen schon allein deshalb ein Dorn im Auge.
Solche Ex-Champions kann man nicht in Fehden gegen die AEW Midcard versauern lassen, wenn man ihr Standing gewinnbringend einsetzen will. Da braucht es dann aber mehr als das übliche lazy shitty booking von Tony Khan, den Young Bucks und Kenny Omega.
Abschließend kann ich sagen: Trotzdem ist die weitere Entwicklung um Punk + Bryan und AEW unheimlich interessant und aufregend. Völlig unabhängig davon, ob der Pessimist oder Optimist in mir Recht behält. Aber die Verpflichtung auch nur eines der beiden Kämpfer wäre ein echter Paukenschlag und würde die Wrestlingwelt (bzw. dem, was von ihr übrig ist) bis in ihre Grundfesten erschüttern. Die Botschaft wäre: WWE ist nicht mehr unbedingt das Maß aller Dinge und die Zeiten von Vince McMahon als quasi Mafia-Paten im Wrestling sind vorbei.