Warum Dax Harwood vs Bryan Danielson einfach Quatsch war

„A Wrestling Match for the Ages“

Nein ganz bestimmt nicht.

Das liegt garantiert nicht am Geschehen im Ring. Das war mit Abstrichen superb. Du hast einfach kein Match for the Ages im free TV und erst recht nicht, wenn es nicht einmal um einen Titel geht.

Dax Harwood und Bryan Danielson lassen es bei AEW Dynamite krachen

Ich weiß ja nicht, wie AEW die Zeitspanne oder -dauer für „for the ages“ definiert, aber wer wird in nur 10 Jahren noch über dieses Match reden? Und da empfinde ich 10 Jahre schon mehr als fair von mir.
Mir fallen einige Begegnungen im Ring ein, von denen man noch in 20 Jahren sprechen wird. Hogan gegen Andre wäre so ein Kandidat. Bret Hart gegen Steve Austin. Aber Harwood vs Danielson? Ich denke nicht. Warum sollte ich mich in der nächsten Woche überhaupt noch an dieses Match erinnern? Es ging um Nichts. Einfach zwei, für sich genommen Ausnahmetalente im Ring, die ein hervorragendes Match hatten. Das allein reicht aber nie und nimmer aus, einen Klassiker zu produzieren. Hier fehlt alles, was Hogan und Andre oder Hitman vs Rattlesnake ausgemacht hat. Gutes Booking und eine lange im Vorfeld einsetzende Entwicklung innerhalb einer soliden Storyline.

Würde es Tony Khan darauf anlegen, als ernstzunehmender Promoter und Booker wahrgenommen zu werden – dann hätte er dieses Match so niemals absegnen dürfen. Wenn schon nicht das, dann müsste man beiden Kontrahenten im Nachhinein eine Geldstrafe aufbrummen. Dieses Match hätte es so nicht geben dürfen. Es stellt die Leistung und vor allem das Leistungsvermögen aller nach ihm kommenden Wrestler in den Schatten und das betrifft auch den Main Event der Show. Gut, dass es bei AEW keine wirklichen Main Events gibt – geschenkt. Aber dem Publikum werden wieder mal die Augen geöffnet, mit welchen lausigen Darbietungen man sich sonst schon zufriedengibt. AEW trollt seine Fans damit. Sie zeigen den Zuschauern den Stinkefinger: es müssen nicht die shitty Matches sein, die ihr üblicherweise von uns gewohnt seid. Wir können auch anders, aber das ist uns eben auch egal. Wir schicken einfach zwei Athleten in den Ring, die aus dem Nichts eines der besten Matches der letzten Zeit raushauen und verschenken es im free TV! Damit gehört der Verantwortliche eigentlich gefeuert.

Aber … ach, stimmt. Da war ja was.

So unsinnig dieses Match war, so wenig hat es irgendeinem der daran Involvierten weitergeholfen. Danielson ist nach diesem Kampf nicht mehr over als davor. Er kann hervorragend wrestlen – das wissen wir bereits. Harwood kann auch hervorragend wrestlen, auch das wissen wir. Er darf es aus ganz bestimmten Gründen nur halt selten zeigen. Und wenn er dann mal in Single Matches ran darf, baut er seine Niederlagenserie weiter aus. Aber das Bermuda Dreieck und die selbsternannte Elite dürfen eine Best of Seven Serie im Programm platzieren und die Leute unendlich damit langweilen. Warum? Bei Harwood und Danielson könnte man damit locker ein halbjähriges Fehdenprogramm bestreiten.

Und wieder sieht man: hier ist nichts vorbereitet. Das Publikum weiß nicht einmal, auf wessen Seite man stehen soll. Man könnte jetzt sagen: na der Danielson Bryan, das ist doch der mit dem größeren Standing. Halten wir zu ihm. Aber wenn das schon so ist, warum lässt man ihn in diesem Match antreten, wo es nicht einmal die goldene Ananas zu gewinnen gibt? Ich habe gehört, dass der neue AEW Heel Champion MJF verzweifelt ein Mega Babyface sucht, dass es mit ihm aufnehmen kann. Wäre Danielson da nicht einzige Kandidat, der aktuell in der Lage ist, die Rolle des Heilands auszufüllen und dem Devil den Kampf anzusagen?
Und Harwood? Was bringt ihm dieses Match? Werden wir ihn jetzt öfter sehen? Vielleicht sogar mit einer besseren Niederlagen-Siege Bilanz? Oder war seine Aufgabe einfach nur: put Danielson over. AUCH WENN DER SCHON OVER IST. KopfAufTisch

Spätestens als man CM Punk aus der Promotion gekickt hat, hätte man für diesen Fall vorsorgen und einen Plan B entwickeln müssen. Nach dem Ausscheiden (?) William Regals hat MJF nun gar keine Minions mehr, die er als Puffer gegen einen aufkommenden Babyface Rivalen hätte nutzen können. Harwood wäre ein guter erster Stolperstein gewesen, an dem sich Bryan Danielson erst einmal hätte abarbeiten können. Jetzt ist es dafür zu spät. Könnte man beide Athleten noch einmal gegeneinander antreten lassen? Durchaus. Aber wozu? Sie werden an diesem Match gemessen und wenn das folgende nicht noch „besser“ wird, können sie einpacken. Und warum auch erneut in den Ring steigen?! Es gab ein klares Matchende und Ergebnis. Danielson gewinnt fair und nicht unverdient. Woraus sollte sich dann der Antrieb speisen, hier nachzulegen? Die Leute wollen nachvollziehbare Gründe. Einen Stein des Anstoßes.

Es hätte dieser Auseinandersetzung einfach ein bisschen Sinn gegeben.

Was man bei All Friends Wrestling fürchtet wie der Teufel das Weihwasser: wenn etwas einen Sinn ergibt. Wenn man als Zuschauer versteht, warum dies oder jenes passiert oder warum dieser Wrestler jetzt von jemand anderes angepisst ist. Aber das werden wir dort so nicht erleben.
Leute haben aus dem Nichts heraus plötzlich Beef mit jemand Anderem. Oder auch nicht. Sie treten einfach gegeneinander an und spulen dann ihr Programm ab. Wobei das dem gewöhnlichen AEW Fan wohl auch egal ist. Hauptsache irgendjemand springt im Verlaufe der Show über oder unter den Ringseilen durch, zertrümmert Gitarren auf Köpfen oder jemand bringt sich mit spektakulären Stunts beinah um die Ecke (höre ich da Darby Allin?).

Ich verstehe so langsam die Denkweise von Bryan Danielson. Er will einfach nur im Ring stehen und wresteln. Storylines, Promos und so Zeug sind für ihn lästiges Beiwerk, das er akzeptiert. Und Harwood ist einfach froh, wenn er überhaupt dabei und hin und wieder mal vor Publikum zu sehen ist. Da hätte er auch bei WWE bleiben können.
Danielson könnte der größte Star (nach MJF) bei All Elite Wrestling werden, aber er will anscheinend nicht. Er könnte problemlos an Tonys Bürotür klopfen, auf den Tisch hauen und ein Programm einfordern, was ihm gerecht wird. Und Tony Khan müsste ihm einfach seinen Willen lassen, denn einen Bryan Danielson lässt man nicht ziehen. Aber B.D. will einfach nicht.
Dax Harwood könnte mit FTR das beste Tag Team im gesamten Pro Wrestling sein, aber im Gegensatz zum Danielson darf er nicht. Das ist in beiden Fällen so traurig und müsste jedem Wrestling-Fan in der Seele weh tun. Vor allem, wenn man hier gesehen hat, zu was diese beiden Athleten fähig sind.

Zeitpunkt des Geschehens: 30.11.2022
Ort: AEW Dynamite
Beteiligte: Dax Harwood, Bryan Danielson

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